Kayareise 2017, geschrieben von Lars Töpperwien

Anlässlich des 45. Jubiläums zwischen Herzogenaurach und Kaya besuchten  22 Teilnehmer unsere Partnerstadt in Burkina Faso.

Schüler des Gymnasiums, die mit ihrem Lehrer Herrn Engel den Lauf für Kaya 2017 organisiert haben, waren ebenso dabei, wie Vertreter der Stadt Herzogenaurach, des Partnerschaftsvereins, der Kirchen, Vertreter Herzogenauracher Firmen sowie weitere der Partnerstadt verbundene Personen

Sonntag 22. Oktober 2017

Am ersten Tag unserer Reise stand natürlich der Flug nach Burkina Faso an. Am frühen Vormittag trafen wir uns dazu am Nürnberger Flughafen. Von dort ging es über Paris nach Ouagadougou, der Hauptstadt Burkina Fasos. Wir trafen am späten Abend ein. Der erste Eindruck beim Verlassen des Flugzeugs: Hitze und ein beißender Geruch in der Luft. Nachdem wir unsere 44 Koffer (jeweils einer mit persönlichem Gepäck und einer mit Sachspenden pro Person) auf die Dachträger unserer beiden Kleinbusse geschnürt hatten fuhren wir durch die nächtliche Stadt. Es war schon dunkel, man konnte deshalb nicht viel sehen, doch eines war klar: Wir sind in einer anderen Welt gelandet. In unserer Bleibe für die Nacht, dem Hotel der Schwestern der unbefleckten Empfängnis, angekommen, bekam jeder sein Zimmer, wir aßen zu Abend und gingen daraufhin schlafen.

Montag 23. Oktober 2017

Am Montagmorgen konnten wir zum ersten Mal bei Licht sehen, wo wir gelandet waren und was uns ungefähr die nächsten Tage erwarten würde. Nach dem Frühstück wurden die Autos wieder beladen und wir begannen unsere Fahrt nach Kaya, das ca. 100 km nördlich von Ouagadougou liegt. Unterwegs machten wir noch einen Zwischenstopp in Ziniaré, wo wir die Steinfiguren von Louango besichtigten und vom Bürgermeister empfangen wurden. Gegen Mittag kamen wir in Kaya an, bezogen unsere Zimmer und aßen zu Mittag. Am Abend stand der erste Empfang beim Bürgermeister Ouédraogo an. Danach ginge es zurück ins Hotel. Insgesamt brachte die Autofahrt von Ouagadougou nach Kaya schon die ersten Eindrücke mit sich. Wir sahen die Landschaften, die Menschen bei der Feldarbeit und in ihren kleinen Geschäften an der Straße entlang. Unser aus Kaya stammender Begleiter Desiré erklärte uns in kleinen Teilen das Leben der Menschen und mit welchen Problemen sie zu kämpfen haben. Bei unserer Ankunft in Kaya selbst erlebten wir dann unsere erste direkte Begegnung mit Armut und dem großen Problem Müll.

Dienstag 24. Oktober 2017

Der Dienstag begann für uns mit diversen Höflichkeitsbesuchen bei verschiedenen Autoritäten der Stand und deren Umgebung. Von 09 bis 12:00 Uhr besuchten wir den Stellvertreter der Gouverneurin Frau Nandy Diallo, den Hochkommissar Herrn Patrice Sorgho, und den traditionellen Chef der Region Kaya. Bei diesen Besuchen wurde bewusst, welche unglaublichen Herausforderungen in der Politik des Landes bestehen. Es gibt die gewählten Autoritäten, die traditionellen Chefs und die Oberhäupter der Religionen. Alle haben einen großen Einfluss auf die Bevölkerung bzw. einzelne Bevölkerungsteile. Entscheidungen lassen sich so  nur durch ein intensives Miteinander, Achtung voreinander und entsprechende Kompromissbereitschaft treffen. Am Nachmittag stand dann der Besuch eines Gesundheitszentrums auf dem Programm. Die kleine Station ist mit ihrem Personal von zwei Ärzten und einer Hand voll Krankenschwestern hoffnungslos unterbesetzt. Durchschnittlich kommen 100 Patienten am Tag und zwei Kinder werden geboren. Die Bedingungen unter denen behandelt wird, sind für uns kaum vorstellbar. Eine stationäre Behandlung ist aus Kapazitätsgründen nicht länger als 48 Stunden möglich. Im Anschluss an den Besuch des Gesundheitszentrums ging es weiter zum Stadtmuseum, weiterhin statteten wir dem Bronzeatelier von Roger Bamogo einen Besuch ab und lernten bei einer Rundfahrt die Stadt und ihre Geschichte näher kennen.

Mittwoch 25. Oktober 2017

Am Vormittag fuhren wir vier mitgereisten Schüler und unser Lehrer Mathias Engel in das Provinzgymnasium von Kaya. Begleitet wurden wir dabei von dem Deutschlehrer Yassia Ouédrago. Wir besuchten mehrere Klassen im Deutschunterricht und eine Klasse im Sportunterricht. Als Herzogenauracher Schüler waren wir sofort mit gänzlich anderen Lernbedingungen konfrontiert. Die Klassenzimmer waren in keinem guten baulichen Zustand. Es ist leider keine Seltenheit, dass Wände und Decken beschädigt sind. Es kommen Kabel aus den Wänden, die jedoch keinen Anschluss finden und an digitale Bildung ist nicht zu denken. Die Räume sind mit 50 bis 80 Schülern pro Klasse hoffnungslos überfüllt, es gibt viel zu wenige Schulbänke und leider ist auch das Schulgelände mit Müll übersäht. Alles in allem keine besonders tollen Lernbedingungen. Ganz im Gegensatz dazu steht die Disziplin im Unterricht und der Eifer aller Schüler sich aktiv am Unterrichtsgeschehen zu beteiligen. Am Nachmittag besuchten wir den Verein Song Komba, der zur Organisation Misola gehört und von Frau Moyenga geleitet wird. Diese Organisation stellt Ersatznahrung für Babys her, die nicht mehr von ihren Müttern gestillt werden können. Außerdem besuchten wir das Aidszentrum ASEV, wo wir mit den Leitern und Bewohnern über deren Probleme sprachen. Diese bestehen in erster Linie in einer fehlenden Aufklärung der Gesellschaft über Aids und in Folge dessen in einer erschreckend geringen Akzeptanz der Betroffenen durch die Gesellschaft. Insgesamt sehr erfolgreich ist jedoch die zurückgehende Erkrankungsrate in der Region. Am Abend besuchten wir alle zusammen ein Heim für Frauen, die vor Zwangsheirat geflüchtet sind. Diese Einrichtung nimmt alle Frauen auf, die sich in ihren Familien mit dem Problem der Zwangsverheiratung konfrontiert sehen, auf Grund dessen geflohen sind und es damit i.d.R. sehr schwer haben, wieder familiären Anschluss zu finden. Sie bekommen einen sicheren Wohnort, eine Ausbildung und dürfen bleiben, bis sie in der Lage sind, ihr Leben selbstständig zu meistern. Im günstigsten Fall werden sie bis dahin wieder von ihren Familien akzeptiert und können in diese zurückkehren.

Deutschunterricht im Gymnasium in Kaya

Begrüßung im Heim für Mädchen, die vor Zwangsheirat geflüchtet sind

Donnerstag 26. Oktober 2017

Donnerstagvormittag fuhren wir in das kleine Dorf Kankandé, welches außerhalb von Kaya liegt. Schon der Weg dorthin war ein Abenteuer für sich. Lange ging es über eine einfache und unwegsame Sandpiste, dann scharf links mitten in die Savanne hinein – ohne dass ein Weg oder eine Straße zu erkennen gewesen wäre. Der Empfang in dem Dorf war sehr herzlich. Bereits am Ortsschild warteten die Kinder des Dorfes auf uns, begrüßten uns und fuhren die letzten Meter ins Dorf mit uns zusammen. Wir besichtigten die in den Vorjahren von Geldern des „Lauf für Kaya!“ gebaute Grundschule, spielten mit den Jugendlichen des Dorfes Fußball und ließen uns den kleinen Brunnen zeigen. Dieses Dorf war für uns eine ganz besondere Erfahrung. Abgeschieden vom Rest der Region Kaya, leben die Menschen dort überwiegend von der eigenen Landwirtschaft in sehr einfachen Lehmhütten ohne Strom und sanitäre Anlagen. Nach unseren Gewohnheiten kaum vorstellbar! Am Nachmittag besuchten wir in kleine Gruppen aufgeteilt den Markt von Kaya.

Empfang in Kankandé

Brunnen in Kankandé

Markt in Kaya

Freitag 27.Oktober 2017

Am Freitag stand dann der Besuch in der Grundschule des Sektors 5 auf dem Programm. Auch dort wurden wir wieder sehr herzlich empfangen. U. a. wurde die Produktion und Reparatur von Schulbänken gezeigt. Anschließend besuchten wir die einzelnen Klassen und schauten uns deren Räumlichkeiten an. Unsere Eindrücke aus dem Gymnasium in Kaya wurden hier noch einmal übertroffen. In eine der ersten Klassen gingen 104 (!) Schüler, die sich einen Klassenraum und einen Lehrer teilten. Jede Klasse sang Lieder für uns und wir erfreuten sie ebenfalls mit unserem Gesang. Dieser Kulturaustausch war durchaus erfolgreich und hat beiden Seiten viel Freude bereitet! Weiter ging es an diesem Tag in ein nahe gelegenes Reha-Zentrum. Dort wird kranken Menschen wieder eine Zukunft gegeben. Menschen, die krankheitsbedingt Probleme mit Muskeln und Gelenken haben, können an leider bereits sehr alten Geräten unter Anleitung trainieren, um wieder fit zu werden und ihren Alltag bewältigen zu können. Es gibt zudem einen Orthopädie-Techniker, der Prothesen herstellt und damit Menschen hilft, die bei Unfällen Gliedmaßen verloren haben. Zudem können im dazu gehörigen OP-Saal Operationen durchgeführt werden. Am Nachmittag besuchten wir das Dorf von Roger Bamogo, dem Bronzeschmied, der vor 10 Jahren bereits zu Besuch in Herzogenaurach war und dort in der Schmiede von Walter Drebinger ein Kunstwerk der Freundschaft schmiedete. Abends stand ein kulturelles Abschiedsfest, an dem viel gesungen und getanzt wurde, in der Stadthalle von Kaya auf dem Programm.

Samstag 28. Oktober 2017

Der letzte Tag unseres Aufenthalts in Kaya begann am Vormittag mit einem Besuch der Müllsortieranlage. Mit dieser Anlage wird versucht, dem Müllproblem der Stadt beizukommen. Doch um wirklich effektiv arbeiten und gegen insbesondere den vielen Plastikmüll ankämpfen zu können, ist diese Anlage viel zu klein. Leider fehlen im gesamten Land gesetzliche Vorgaben, die den Umgang mit Müll entsprechend regeln. Zudem ist das Problembewusstsein diesbezüglich in der Bevölkerung nicht besonders ausgeprägt.  Insbesondere an Letzteren wird jedoch bereits intensiv gearbeitet und Aufklärungsarbeit geleistet. Am Nachmittag stand dann der Höhepunkt unseres Besuches an. Im kleinen Fußballstadion von Kaya fand das Finale des Bürgermeistercups statt. Davor gab es noch ein Freundschaftsspiel. Die Delegation aus Herzogenaurach und der Stadtrat von Kaya spielten in gemischten Teams gegen einander. Das Spiel endete 1:1. Dieser Nachmittag war ein besonders schöner Abschluss. Beide Spiele fanden vor ca. 1500 Zuschauern statt. Die Stimmung war gut und besonders die Kinder freuten sich unbändig, weil sie sich nach den Spielen auf dem einzigen grünen Fußballplatz der Stadt (er ist mit Kunstrasen ausgelegt) richtig austoben konnten.

 

Sonntag 29. Oktober 2017

Unser letzter Tag in Burkina Faso. Um sechs Uhr früh hieß es aufstehen. Wir besuchten den Gottesdienst in der Kathedrale von Kaya. Auch dies war eine wunderbare Erfahrung! Der Gottesdienst wurde zu Teilen von Pfarrer Helmut Hetzel mitgestaltet. In der Kirche ging es sehr lebhaft zu. Es wurde getanzt, getrommelt und gesungen. Danach ging es für uns zurück nach Ouagadougou. In der Hauptstadt angekommen, besuchten wir noch ein Waisenhaus für junge Mädchen. Am späten Nachmittag schauten wir uns dann die Produktionsstätte von „Good vision glasses“ (ehem. Verein „One Dollar Brille“) an. Uns wurde gezeigt, wie die preiswerten Brillen aus Draht gefertigt werden. Am Abend gab es einen kurzen Empfang im Hause des  Kardinals von Burkina Faso. Er berichtete uns von seiner Arbeit und erklärte nochmals, wie wichtig Zusammenhalt und -arbeit zwischen den vielen im Land vertretenen Religionen ist und welche große Bedeutung der Beachtung  der vielfältigen Traditionen zukommt. Mit dieser letzten, ebenfalls sehr interessanten Veranstaltung endete unser Besuch in Burkina Faso. Eine sehr spannende, eindrucksvolle und für unsere Partnerschaft extrem wichtige Reise war vorüber.

Geschrieben von: Lars Töpperwien (Schüler des Gymnasiums)